
VOM TECH STARTUP ZUM SERVICEANBIETER
Challenge
Wie lässt sich ein Gesundheitsservice gestalten, der Patient:innen echten Mehrwert bietet und gleichzeitig in den Praxisalltag von Ärzt:innen integrierbar ist? Und wie baut man innerhalb eines Tech-Startups ein Team aus Fachpflegekräften auf, das ganz andere Arbeitsweisen, Strukturen und Rahmenbedingungen braucht als ein klassisches Software-Team – um wirksam arbeiten zu können?
Kontext
Das Startup »Carealytix Digital Health GmbH« hatte mit Mizu bereits eine App für Menschen mit chronischer Nierenerkrankung auf dem Markt – eine klassische Chronic-Disease-App mit Tagebuchfunktion, Gesundheitsdaten und Wissensartikeln. Nun sollte diese digitale Lösung um einen persönlichen Gesundheitsservice erweitert werden.
Doch schnell wurde klar: Der Schritt vom reinen Tech-Startup hin zu einem echten Serviceanbieter betraf weit mehr als das Produkt. Es brauchte neue Kompetenzen, andere Prozesse – und ein völlig anderes Mindset. Denn nicht nur die Software, sondern auch die internen Strukturen und die Art der Zusammenarbeit mussten neu gedacht werden, um ein Team aus Fachpflegekräften aufzubauen, das wirksam arbeiten kann. Gleichzeitig war unklar, wie genau der geplante Service echten Mehrwert für Patient:innen schaffen und in die Versorgung durch Ärzt:innen eingebettet werden kann.
Vorgehen
Um herauszufinden, wie ein Gesundheitsservice gestaltet sein muss, der Patient:innen echten Mehrwert bietet und sich zugleich reibungslos in den Praxisalltag von Ärzt:innen integrieren lässt, führte ich umfangreiche Recherchen mit Nephrolog:innen, Praxispersonal und Patient:innen durch. Schnell wurde klar: Viele Ideen der Entwickler – etwa das Scannen von QR-Codes – waren in der Praxis nicht umsetzbar. In schnellen Iterationen optimierten wir den Enrollment-Prozess so, dass er den Praxisteams keine zusätzliche Arbeit macht und gleichzeitig intern gut handhabbar ist.
Parallel zeigte sich, dass Routinen und Tools wie Groomings, Retros, Slack oder Notion für Pflegefachpersonal fremd waren – viele griffen lieber zu Stift und Papier, statt digital zu dokumentieren. Um den Pflegekräften eine wirksame Arbeitsumgebung zu bieten, entwickelte ich einfache Prototypen auf Basis bestehender Tools und testete neue Abläufe, die zu ihrem Arbeitsstil passten. So entstand etwa in Notion ein digitaler Patientenakte-Prototyp, der mit Leitfäden, passenden Interventionen und klickbarer Dokumentation unterstützte – und die Dokumentationszeit von 60 auf 5 Minuten senkte. Der Prototyp half nicht nur dem Pflegeteam im Alltag, sondern auch der Produktentwicklung, genau die Software zu bauen, die wirklich gebraucht wird. So entstand ein nahtloser Übergang vom Service- zum Produktdesign – immer ausgehend von den tatsächlichen Bedürfnissen der Nutzer:innen.
Meine Arbeit bei Carealytix war durch enge, interdisziplinäre Zusammenarbeit geprägt. Obwohl extern, war ich fest ins Team integriert und arbeitete eng mit Design, Regulatory, Produkt, Entwicklung, medizinischem Team und Pflegekräften zusammen.
Learnings
Nutzerzentrierung braucht Nähe – nicht nur zu Endnutzern, sondern auch zu internen Stakeholdern
Organisatorischer Wandel gelingt, wenn er als lernender Prozess gestaltet wird
Transparente Kommunikation schafft Vertrauen und Buy-in – auch bei skeptischen Beteiligten
Technologie ist kein Selbstzweck – sondern ein Enabler.